Eigentlich wollte ich mich zu diesem Thema gar nicht äußern – aber ganz ehrlich: Mittlerweile geht mir diese Debatte so dermaßen auf den Sender, dass ich dazu klar etwas sagen muss. Und eines vorweg: Ich bin bekanntlich kein „Merzfreund“. Trotzdem muss man die Dinge differenziert betrachten.
Friedrich Merz hat mit seiner Formulierung vom „Problem im Stadtbild“ zweifellos eine sprachliche Unschärfe erzeugt. Wer über Sicherheit im öffentlichen Raum sprechen will, muss klar benennen, welche Situationen gemeint sind. Natürlich hat sich das Stadtbild verändert. Das ist eine Realität, die man zunächst einmal feststellen darf – ohne sofort zu werten oder jemandem pauschale Absichten oder Feindbilder zu unterstellen. Genau deshalb sollte man solche Aussagen einordnen, statt sie mit zusätzlichen Bedeutungen und Empörungsabsichten aufzuladen.
Was mich aber fast noch mehr stört, ist der reflexhafte Empörungsmodus, der jetzt vor allem in linken Kreisen gestartet wird. In Teilen dieser linken Bubble wird die Aussage innerhalb weniger Stunden so umgedeutet, als hätte Merz pauschal Menschen mit Migrationsgeschichte zum Problem erklärt. Eine unpräzise Formulierung wird gezielt zum rassistischen Skandal hochstilisiert – mit maximaler moralischer Aufladung. Gleichzeitig beklagen sich genau diese Akteure lautstark darüber, dass solche Aussagen angeblich „von den echten Problemen im Land ablenken“. Und das ist genau der Punkt, an dem es mir ganz ehrlich komplett auf den Sack geht: Wer sich über Ablenkungsdiskussionen beschwert, sollte nicht selbst der lauteste Dirigent der Empörung sein.
Dieses Schauspiel zieht sich weiter auf die Straße: Demos, angeführt von häufig privilegierten, akademisch geprägten Milieus, die sich mit großer moralischer Pose gegen „rechte Erzählungen“ positionieren – ohne sich ernsthaft dafür zu interessieren, wie sich Menschen fühlen, die tatsächlich in unsicheren Stadtbereichen leben oder sich Integration nicht als Theorie, sondern als Alltag erarbeiten müssen. Die Betroffenen – und zwar aus allen gesellschaftlichen Gruppen – kommen in dieser Stellvertreterdebatte kaum vor.
Am Ende geht es nicht mehr um reale Herausforderungen wie Sicherheit, Integration, soziale Verantwortung oder gesellschaftlichen Zusammenhalt. Stattdessen wird ein sprachliches Fragment zur Bühne eines moralischen Schlagabtauschs, bei dem es nur noch darum zu gehen scheint, wer auf der „richtigen“ Seite steht. Die Folge: Die Fronten verhärten sich, Lösungen rücken in weite Ferne, und die Menschen, die echte Sorgen haben – egal welcher Herkunft –, stehen erneut ratlos daneben.
Ich habe keine Geduld mehr für künstliche Aufregungsspiralen, die politisch nichts lösen, sondern nur Gräben vertiefen. Wir brauchen Klarheit statt Nebelgranaten, Lösungen statt ideologischer Schauspiele und einen politischen Diskurs, der Realität ernst nimmt, statt sie für Empörungsinszenierungen zu missbrauchen.
Und während sich die einen empören und die anderen sich verteidigen, steht die AfD schallend lachend daneben und freut sich, wie ihr das Thema erneut in die Karten gespielt wird.






